Aber auf solchen Pipifax, dachte Tim, kommt's überhaupt nicht an. Wichtig ist jetzt nur die Gesundheit von Gabys Vater - und nichts sonst!
„Wissen Sie, Frau Glockner", fragte der TKKG-Häuptling, „wie es passiert ist?"
Sie nickte und strich sich eine blonde Strähne aus der Stirn.
„Von Ulrich Döllner weiß ich's, einem Kollegen. Mein Mann konnte noch nichts erzählen. Es war während einer Razzia am frühen Abend. Einem Tipp aus der Unterwelt zufolge wollte man in der Auerstall-Straße einen gewissen Paul Ossinsky überrumpeln. Der wird seit langem steckbrieflich gesucht. Ein Drogen-Dealer größten Ausmaßes ist das. Er hat seine Verbindungen in ganz Europa, aber vor allem in Südfrankreich. Jedenfalls befand er sich mit zwei seiner Komplizen in der Wohnung. Über die beiden ändern ist noch nichts bekannt, aber sie sind offenbar äußerst gefährlich. Jedenfalls haben sie sofort geschossen: durch die geschlossene Wohnungstür. Emil stand natürlich nicht davor, sondern im Schutz der Wand. Aber ein Geschoss ist als so genannter Querschläger vom metallischen Treppengeländer abgeprallt und meinem Mann in die Schulter gedrungen."
TKKG pressten die Lippen zusammen. Jeder stellte sich vor, was für ein Schmerz das ist, wenn ein verformtes Geschoss eine tiefe Wunde in die Schulter reißt.
„Die Verbrecher wurden gefasst?", fragte Tim.
Margot schüttelte den Kopf. „Leider nicht. Die sind an der Rückfront durchs Fenster gesprungen und - entkommen. Nach Ossinsky wird natürlich verstärkt gefahndet. Aber Ulrich Döllner hat da wenig Hoffnung. Er vermutet, dass die drei längst außer Landes sind. Der internationale Haftbefehl besteht ja schon lange und hat trotzdem nichts gebracht."
Darauf sagte Tim nichts. Ein Gefühl, das er hasst, füllte ihn aus. Es war nicht das Verlangen nach Rache, sondern nach Gerechtigkeit. Ein Verbrecher hatte Gabys Vater schwer verletzt, hätte ihn sogar tödlich treffen können -blieb aber auf freiem Fuß, würde untertauchen und sich seiner Strafe entfliehen. Eine himmelschreiende Ungerechtigkeit! So was bringt Tim auf die Palme - und nicht nur ihn. Außerdem war dieser Ossinsky eine ständige Bedrohung, eine Gefahr für die Umwelt - ganz abgesehen davon, dass Dealer mit ihrem Drogenhandel unendliches Leid anrichten unter den Abhängigen und jenen charakterschwachen, labilen Menschen und Jugendlichen, die für diese tödliche Versuchung anfällig sind.
Morgen, dachte Tim, werden wir uns mal bei Kommissar Döllner schlau machen. Ist ja ein netter Typ und so arglos, als wäre er Sozialarbeiter in 'ner Pfarrei. Dem ziehen wir bestimmt ein paar Infos aus den Zähnen, ohne dass er was merkt.