Nein, hier hört der Spaß auf. Die dieser Geschichte zugrundeliegende Moral ist nicht einfach fragwürdig, sie ist verheerend. Hier wird beträchtliche Mühe aufgewandt, erhebliche Straftaten von TKKG - vor allem von Tim - zu rechtfertigen. Das ist an sich schon ein erhebliches Negativmerkmal, in einem Jugendbuch, das sich an jüngere Teenager richtet, ist es einfach nicht hinzunehmen. Was die Bewertung noch weiter runterzieht, ist der Umstand, daß sich die Rechtfertigung gar nicht aus der Geschichte ergibt und die Sache nur so hinkonstruiert wird, um überhaupt in die Nähe einer Rechtfertigung zu gelangen. Zumindest der Klappentextschreiber scheint es geahnt zu haben, denn sonst hätte er sich nicht auf eine unbedeutende Nebenhandlung verlegt, die noch halbwegs die übliche TKKG-Qualität hat. Es geht um den gestohlenen Sparstrumpf von Oma Habrecht, in dem 198.000 DM steckten. Dieser lag unter dem Sitzkissen eines Sessels im Wohnzimmer und ist verschwunden, als TKKG Oma Habrecht zur Bank eskortieren will. Einen Verdächtigen liefert die Bestohlene auch gleich: Es ist der Unsympath, der zwei Tage vor ihr war und der als einziger von dem Versteck gewußt und auch Gelegenheit hatte, das Geld an sich zu nehmen. Soweit, so gut. Von nun an wird die Geschichte schief. Sie ist konstruiert, kennt keinen natürlichen Erzählfluß und ist auch nicht natürlich. Denn damit TKKG überhaupt zur späteren Erpressung kommen kann, müssen der Polizei die Hände gebunden sein, was die Wiederbeschaffung von Oma Habrechts Geld angeht. In der Realität wären der Polizei die Hände nicht gebunden. Die von Oma Habrecht gelieferten Anhaltspunkte reichen völlig aus für einen dringenden Tatverdacht. Und dieser wiederum reicht aus für einen Durchsuchungsbefehl. Eine Hausdurchsuchung hätte auch zur Wiederbeschaffung der Beute und zur Überführung des Täters geführt, denn wie wir am Ende des Bandes sehen, kann sich Oma Habrecht an etliche Scheine wegen ihrer Beschädigung erinnern. Dann ist noch die von TKKG gestellte Forderung an sich: 200.000 DM! Für die Zuvielforderung von 2.000 DM gibt es überhaupt keinen nachvollziehbaren Grund. Nicht erwischt werden zu wollen, reicht jedenfalls nicht aus. Die Erpressung ist nicht die einzige Straftat. Tim und Klößchen dringen unbefugt in die Villa des Verdächtigen ein, kurz nachdem seine Komplizen bei ihm - im Ergebnis erfolglos - eingebrochen waren. Tim und Klößchen nehmen unberechtigterweise die erhebliche Beute aus einer anderen Straftat an sich und sehen sich auch im Gebäude um, ohne auf die Idee zu kommen, die Polizei zu rufen. An einem Tatort haben Dreizehnjährige aber nichts verloren, und Beute hat bei ihnen nichts verloren. Doch TKKG sind hier nicht die einzigen "Guten", die kriminell sind. Kommissar Glockner hat den Durchblick, was die fragwürdigen Handlungen angeht, nimmt sie aber hin und unterstützt sie klammheimlich. Was ist das nur für eine Polizei? Taugt die Geschichte als solche wengistens etwas? Leider nicht. Wie schon gesagt, ist sie arg konstruiert und nicht folgerichtig. Zwar mögen einzelne Passagen durchaus zu gefallen, so natürlich die wie immer lebendig geschilderten Schulszenen oder die Vorgänge um den Brand am See. Aber ansonsten neigt die Geschichte dazu, auseinander zu fallen. Schon der Einbruch bei dem Schlangenhalter dient nicht dem Fortgang der Geschichte, so daß er aus erzähltechnischer Sicht rätselhaft bleibt. Der Eindruck drängt sich auf, daß hier Seiten geschunden werden mußten. Dann kommt die Handlung um Richter a. D. Solthus, die allein im Klappentext erwähnt wird. Diese Handlung wurde als merkwürdiger Wurmfortsatz angefügt, nachdem die Hauptgeschichte schon gelaufen war. Sie ist in sich selbständig und hat - abgesehen von den Verbrechern, die auch im Hauptteil mitmischen - nichts mit diesem zu tun. Es scheint fast so, als habe "Stefan Wolf" ein Taschenbuch geschrieben und kurz vor Abschluß der Arbeit einen Anruf des Verlags mit der Bitte erhalten, er möge einen regulären TKKG-Band im üblichen Umfang schreiben. Fazit: Die Moral der Geschichte ist schlicht verheerend, und das gleich mehrfach. Da die Geschichte selbst kann die Negativbewertung nicht verhindern, denn sie ist unglaubwürdig, nicht tragfähig und geradezu auf die miserable Moral hin konstruiert. |