Band 017: Die Doppelgängerin

Band 017: Die Doppelgängerin
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Gebundenes Buch · 192 Seiten · 12.2 x 18.8 cm
cbj
Juli 2004
€ 7,50 [D] | € 7,80 [A] | CHF 13,90 (UVP)
978-3-570-15016-0
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80%

Insgesamt ist 1 Mitgliedrezension verfügbar. Die Durchschnittsbewertung beträgt 80%.

Die drei letzten Rezensionen

Schade eigentlich

Eine Rezension von Krabbentaucher

Wenn man eine eigentlich wirklich gute Geschichte verderben will, gibt es mehrere Möglichkeiten. Eine davon hat der Autor gewählt: Fragwürdige Moral und verquere Rechtsansichten. Das ist schade, denn vom Erzählerischen her ist die Geschichte wirklich sehr gut.

Wie es bei TKKG-Geschichten üblich ist, gibt es zwei Erzählstränge. Im Unterschied zu den anderen Geschichten werden die beiden Stränge aber nicht am Ende zusammengeführt, sondern laufen parallel, wobei der eine Strang recht früh endet. Zum Ende hin wird allerdings der Vater eines der am ersten Erzählstrang Beteiligten an einem veritablen Schwerverbrechen beteiligt, das den zweiten Erzählstrang abschließt. Im Hintergrund des zweiten Erzählstrangs läuft noch eine Familiengeschichte mit.

Der Autor läuft hier erzählerisch zu seiner ganz großen Form auf. Die Situationen sind so gut beschrieben, daß man glaubt, Teil davon zu sein. Die Dialoge glänzen durch Witz und Natürlichkeit. Die Geschichte wirkt kein bißchen konstruiert und entwickelt sich logisch. Auch für ausgesprochen komische Einlagen ist gesorgt, zum Beispiel Klößchens Versuch, wie sich ein Tropfen Superkleber auf der Bank im Glocknerschen Hof auswirkt, wenn sich Gaby draufsetzt.

Aber auch dort, wo es ans Eingemachte geht, ist die Erzählweise packend. Der Leser fiebert mit, wie TKKG eine fiese Intrige gegen eine Freundin aufklären, wobei ein wenig stört, daß Tarzan die entscheidende Spur findet. Der Autor hätte die Erfolgsmomente ruhig etwas ausgewogener verteilen können. Aber - und hier zeigt sich die Meisterschaft des Autors - der Leser fiebert sogar mit den Fieslingen mit, wie sie die Intrige ins Werk setzen. Erzählkunst wird auch bei der Beschreibung bewiesen, wie sich die Freundin konspirativ in einer heruntergekommenen Pension einmietet, wo Tarzan dann hinter einer Fliese das Versteck einer kleinen, aber äußerst wertvollen Beute freilegt.

Hier handelt es sich nicht um einen Ratekrimi, denn von Anfang an ist klar, wer von den Bösewichtern welche Taten plant und wie begeht. Das tut der Spannung keinen Abbruch, im Gegenteil. Dadurch wird der Wettlauf um die Beute nur noch aufregender und das Unheil - sei es in Gestalt der Zeitansage in Rom und einer neuen Glasscheibe, sei es in Gestalt der geplanten und dann auch durchgeführten Entführung - noch drohender.

Es ist also alles da für eine Topgeschichte. Aber leider ist sie unterlegt mit der eingangs erwähnten zweifelhaften Moral und den verqueren Rechtsansichten. Rolf Kalmuczak war Journalist und kein Jurist, aber er hätte besser mal Gabys Juristischen Berater für alle Lebenslagen gelesen, bevor er Unsinn verzapfte. Dieser Unsinn ist deshalb so ärgerlich, weil sich das Buch an eine junge Leserschaft richtet und falsche Rechtsansichten schnell festsetzen können. Eindeutigkeit ist hier gefragt.

Da wäre einmal die Erbschaftsgeschichte. Der Vater enterbt testamentarisch einen seiner beiden Söhne, weil er ihn verdächtigt, seine Münzsammlung gestohlen zu haben. Als sich kurz vor dem Tod alles aufklärt, ist leider kein Notar greifbar. Offenbar reicht die Zeit dennoch, den enterbten Sohn ans Sterbebett zu holen, wo der Vater mündlich erklärt, daß seine beiden Söhne entgegen dem Testament doch zu gleichen Teilen erben sollen. Weil der eine Sohn nach dem Tod auf dem Testament beharrt, ist er nun der Böse, auch wenn er am Ende ein Einsehen hat.

Eine Buchkritik ist an sich der falsche Ort für juristische Erörterungen, aber hier müssen sie sein. Das Testament ist nämlich wirksam, weil es nicht schriftliche widerrufen oder durch ein neues Testament ersetzt wurde. Eines Notars hätte es gar nicht bedurft. Der mündlich geäußerte allerletzte Wille ist unwirksam, weil er eben mündlich geäußert wurde. Sofern Kalmuczak an ein Nottestament gedacht hat, wäre dieses auch unwirksam, denn ein solches setzt drei Zeugen voraus, die selbst nicht als Erben eingesetzt werden und alsbald eine Niederschrift über das Verfügte aufnehmen. Und so blieb dem leer ausgegangenen Bruder noch die Testamentsanfechtung - allerdings hat er die Jahresfrist offensichtlich verstreichen lassen. Weshalb er letztlich nicht wenigstens den Pflichtteil verlangt hat, bleibt ein Rätsel, denn erbunwürdig wäre man auch bei einem Diebstahl nicht. Aber auch insoweit sind alle Fristen verstrichen.

Der zweite Punkt betrifft Tarzans Ansinnen, die einst gestohlenen und von ihm wiederbeschafften Briefmarken an den Bestohlenen zu verkaufen. Auch wenn es sich um die Überlegung eines Dreizehnjährigen handelt, hätte Kalmuczak nicht so tun dürfen, als ginge das in Ordnung. Gestohlene Sachen bleiben nämlich im Eigentum des Bestohlenen, man kann sie ihnen also nicht zum Kauf anbieten. Tut man es doch, ist es Erpressung.

Fazit: Eine spannende und zugleich witzige Geschichte mit einer Menge von Ereignissen, viel Schlechtigkeit und die äußerst pfiffige Verteidigung dagegen. Eigentlich ein Fall für 100 %, denn selbst für TKKG-Verhältnisse ist die Geschichte ungewöhnlich gut aufgebaut und erzählt. Aber die verquere Haltung, die hier vermittelt wird, führt zur Abwertung auf 80 %. Schade eigentlich.

Score
80%
Verfasst am: 24.04.2012