Interview mit Kai Schwind

Verfasst von Hauke am 22.09.2011, 00:07 in Interviews, Zum Sehen

Kai Schwind
Kai Schwind

Für das Skript zur Bühnenfassung des Westfälischen Landestheaters (WLT) von „Im Schloss der schlafenden Vampire“ ist Kai Schwind verantwortlich, dessen erstes TKKG-Hörspiel im November 2011 erscheinen wird. Im Interview spricht er u.a. über seine Arbeit am Skript und seine Hörspielvergangenheit.

Hallo Kai! Schön, dass du dir die Zeit für dieses Interview nimmst. Stell dich doch bitte unseren Lesern vor: Wer bist du? Was hast du bisher schon alles gemacht, woran arbeitest du derzeit?

Hallo und gern geschehen! Ich arbeite jetzt schon seit einigen Jahren als freier Autor und Regisseur für Hörbuch, Hörspiel und Bühne. Nach dem Studium habe ich einige Zeit beim Hessischen Rundfunk gearbeitet, zum Teil seriös journalistisch, dann aber auch im „wilden Ressort“ der Radio Comedy. Das war eine gute Schule, denn wir haben in Personal Union geschrieben, produziert und auch gesprochen und im Laufe der Zeit dann unterschiedliche, tägliche Serien bei verschiedenen Sendern in ganz Deutschland am Start gehabt. Eine dieser Serien war „Die Ferienbande“, eine Parodie auf die Jugendhörspiele der 80er Jahre und ganz besonders natürlich auch auf TKKG. Daraus sind dann mehrere Langhörspiele entstanden und wir sind mit dem Konzept auch mehrmals auf Tour gegangen. Die Ferienbande war also mein Einstieg in die Hörspiel-Szene und daraus haben sich dann viele spannende Projekte ergeben; zum einen bin ich der Welt der Jugendhörspiele treu geblieben, u.a. mit den Dialogbüchern zu Michael Peinkofers Serie Team X-Treme , den Alsterdetektiven und demnächst ja auch meinem ersten Skript für ein TKKG-Hörspiel (Folge 175), dann habe ich aber auch ganz andere Sachen gemacht wie zum Beispiel aufwendig produzierte Reisehörbücher für den Geophon Verlag, (z.B. über Schottland und Norwegen). Sehr stolz bin ich außerdem auf das Hörspiel helden:tot, bei dem wir die Möglichkeiten des Mediums mal auf ganz andere Art und Weise ausgetestet haben. Demnächst werde ich übrigens auch einige etwas düstere Stoffe realisieren, nämlich „Das Lufer Haus“ und „Frankenstein“, beide für Oliver Rohrbecks Lauscherlounge Label.

Eines der spannendsten Projekte der letzten Zeit war sicherlich die große Live-Tour der Drei Fragezeichen, „Der seltsame Wecker 2009 – Live and Ticking“. Da habe ich das Buch geschrieben und Regie geführt. Das war eine sensationelle Erfahrung in vielerlei Hinsicht.


Was war deine erste Berührung mit TKKG?

Ich würde mich als klassisches „Kassettenkind“ bezeichnen, d.h. meine erste Begegnung mit Tim, bzw. damals ja noch Tarzan & Co hatte ich Anfang der 80er. Ich hatte mehrere Folgen, die bei mir in Dauerrotation liefen, u.a. „Das leere Grab im Moor“, „Angst in der 9a“ und „Abenteuer im Ferienlager“. Die Bücher habe ich dann erst später entdeckt und hin und wieder einige gelesen – aber ich war doch eher ein Fan der Hörspiele.


Was ist das Besondere an TKKG?

Die Frage muss ich aus zwei Perspektiven beantworten, zum einen als Kind, das gerne Hörspiele gehört hat: hier fand ich es toll, dass es im Unterschied zu den Fünf Freunden und den Drei Fragezeichen (die ich beide auch sehr mochte), mal ein deutsches Szenario gab. Die Fälle waren etwas überschaubarer und geerdeter als bei den Kollegen aus Kalifornien und irgendwie war es manchmal auch gut, dass es in der Millionenstadt nicht so gruselig zuging wie in Rocky Beach. Zum anderen kann ich als (weitestgehend) Erwachsener antworten und da muss ich feststellen, dass TKKG ein sehr hohes Unterhaltungspotential besitzt , zum einen durch die oft sehr ähnliche Plots und Szenarien und dann aber auch durch die übertrieben gezeichneten Charaktere. Da entsteht eine oft unfreiwillige Komik, die beim Hören großen Spaß macht.


Welche Figur gefällt dir am besten und was macht sie so besonders für dich?

Ich hatte eigentlich immer schon eine Affinität für Karl. Ich fand das als Kind toll, dass man auch durch „schlau sein“ einen wichtigen Platz in der Gruppe haben konnte. Außerdem war ich unglaublich beeindruckt davon, was der Sprecher von Karl alles wusste… Das Konzept eines Autoren war mir damals wohl noch nicht so bewusst.


TKKG-Buch oder lieber das Hörspiel – und warum?

Definitiv Hörspiel! Die Sprecher und die Inszenierungen von Heikedine Körting machen da den Unterschied. Vor allem in den früheren Hörspielen haben die Sprecher, die ja damals selbst noch Kinder waren, eine sehr überzeugende Authentizität im Spiel. Da nimmt man ihnen so manche Verfolgungsjagd, Überwachungsaktion aber auch das Gefrötzel untereinander wirklich ab. Außerdem hat Frau Körting ja immer wieder auch hochkarätige Schauspieler in Nebenrollen besetzt und das hat schon einen ganz besonderen Reiz.


Wie kam es dazu, dass du Rolf Kalmuczaks Script in eine Bühnenfassungübertragen durftest?

Die Anfrage des Westfälischen Landestheaters, eine Theaterversion eines bereits existierenden Hörspiels zu machen, landete bei Europa und dort war ich ja durch die Arbeit an der Drei ???-Tour bekannt. So wurde ich gefragt, ob ich das machen möchte und dann habe ich gemeinsam mit den Dramaturgen dort ein Konzept erarbeitet.


Was gilt es bei so einer Umsetzung zu beachten? Welche signifikanten Unterschiede gibt es zum Buch / Hörspiel?

Man schreibt ja für ein ganz anderes Medium und die Geschichte bekommt plötzlich noch eine zusätzliche Ebene, die visuelle. Es muss also nicht permanent alles erklärt oder besprochen werden, sondern man kann bestimmte Aktionen auch einfach zeigen oder anders lösen als im Hörspiel oder Buch. In diesem konkreten Fall gab es außerdem ein paar zusätzliche Auflagen, bzw. Wünsche. Weil das Ensemble des WLT mit der Inszenierung kreuz und quer durchs (Bundes)land tingeln wird, durfte es nicht zu viele unterschiedliche Schauplätze geben, damit das Bühnenbild „einfach“ gehalten werden kann. Das bietet sich bei dieser Geschichte an, weil sich ja ein Großteil der Handlung in dem Schloss abspielt. Eine andere Herausforderung ist die Tatsache, dass das Ensemble aus weniger Schauspielern als Rollen besteht – die Schauspieler müssen also mehrere Rollen übernehmen und das muss man bei der Adaption auch berücksichtigen, damit genügend Zeit für Kostümwechsel ist, etc. Wir haben die Handlung außerdem auch ein bisschen vereinfacht, weil es ja ein Kindertheaterstück ist und da sind manchmal Schlenker aus der Kalmuczak’schen Vorlage eher verwirrend.


Was ist dir bei Rolf Kalmuczaks Schreibstil besonders aufgefallen?

Ich habe den Rolf Kalmuczak Schreibstil seit einigen Jahren sehr aufmerksam studiert, weil wir ihn ja für „Die Ferienbande“ ausführlichst parodiert haben. Da gibt es teilweise sehr extrem blumige oder ungewollt zweideutige Formulierungen und das Kalmuczak Weltbild hat hier und da doch einige Abgründe. Mit dem heutigen Blick wirkt natürlich einiges, vor allem seine Verwendung von Jugendsprache, recht verstaubt. Das hat allerdings durchaus einen Unterhaltungswert und ist glaube ich mit ein Grund, warum auch viele Erwachsene die TKKG-Abenteuer immer wieder gerne lesen und hören. Man kann sich also in jedem Fall über seinen Stil amüsieren, aber ich habe großen Respekt vor der Lebensleistung von Herrn Kalmuczak. Der Mann hatte einen unglaublichen Output und hat mit TKKG einen echten modernen Klassiker geschaffen.


Hattest du die Freiheit eigene Ideen einfließen zu lassen?

Absolut! Das musste ich auch, denn durch die oben beschriebenen Änderungen ist die ursprüngliche Handlung der Geschichte hier und da aus den Fugen geraten und da muss man dann selbst kreativ werden. Ich habe außerdem versucht, die Sprache etwas „zeitgemäßer“ und geschmeidiger für Kinderohren zu machen.


Gibt es eine besondere Erinnerung an die Arbeit zum TKKG-Theaterstück?

Mir hat die Zusammenarbeit mit der Regisseurin, Tatjana Fernau, sehr viel Spaß gemacht, weil sie einen sehr direkten und ironischen Stil hat, was die Feedbacks zum Skript anbelangt. Da haben wir einige sehr launige Emails ausgetauscht. Außerdem habe ich immer versucht, doch noch ein paar zusätzliche Schauplätze im Skript unterzubringen; vor allem das Moor am Ende wollte ich gerne als eigenständiges Bühnenbild beibehalten. Das sah die Regie hier und etwas anders… Und, Stefan Leonhard, der Tim Darsteller, ist ein großer Fan der Ferienbande und hat sich sehr gefreut, dass ich das Buch geschrieben habe. Es bleibt aber eine kinderfreundliche Inszenierung – versprochen!


Vielen Dank für das Interview.


Das Interview fand im September 2011 statt.

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